Ergebnisse
Projektergebnisse "Circular Business Innovation"
Im Rahmen des im Sommersemester 2023 angebotenen Seminars „Circular Business Innovation” wurden von Studierenden der Masterstudiengänge Public Interest Design und Sustainability Management Lösungskonzepte für reale Herausforderungen von regional ansässigen Unternehmen entwickelt, die im Folgenden zusammenfassend dargestellt sind.
Martin Uebele
“Das CBI Seminar hat uns die Möglichkeit gegeben, existierende Ideen zur Kreislaufwirtschaft mit jungen kreativen Köpfen zu vertiefen. Die Ergebnisse haben uns viele neue Denkanstöße gegeben und werden weiterverfolgt.”
Ressourcenschonende Logistiklösung
Die Axxum GmbH entwickelt Verpackungs- und Kontraktlogistiklösungen, um die komplexen Anforderungen der Verpackung, Montage und des Transports von Industriegütern zu bewältigen. Um den Auftrag eines sicheren Transports zu gewährleisten designt die Axxum GmbH eine 6m*3m*3m große Holzkiste, die in der Regel zwischen 10-30 Tonnen schwer ist. In dieser wird das zu transportierende Gut mit Hilfe von Platten, Schrauben, Nägeln, Schnitt- und Kantholz sicher verpackt und anschließend Versand. Die Annahme und Entsorgung der Kiste erfolgt durch die Kund*innen. Hierbei entsteht die Problematik: Der lineare Produktlebenszyklus, die Verknappung des Rohstoffs Holz und die damit einhergehenden enormen Preissteigerungen in den letzten zwei Jahren, zwingt die Axxum GmbH zu handeln.
Im Rahmen des Seminars “Circular Business Innovation” recherchierten und erarbeiteten die Studierenden mögliche Lösungskonzepte. Final entschied sich die Gruppe für das Etablieren eines ganzheitlichen Pfandsystems, wodurch die Axxum GmbH neben ihrem Produkt ebenfalls eine Dienstleistung zur Verfügung stellt und somit dem Problem der Rohstoffverknappung entgegenwirkt. Die Kiste wird in das Konzept der Kreislaufwirtschaft eingegliedert, indem nicht wie zuvor nach der Annahme durch den Kunden die Entsorgung erfolgt, sondern ein Rücksendesystem greift. Wieder eingetroffen bei der Axxum GmbH erfolgt die Reparatur und die Wiederverwendung der Kiste. Ergänzt wird das im Seminar erarbeitete Lösungskonzept durch die Entwicklung eines modularen Stecksystems, wodurch der Einsatz von Verbundmaterialien auf ein Minimum reduziert wird. Die modularen Steckverbindungen (Kantholz und OSB-Platte, oder Kant- und Schnittholz) und die Nutzung von Winkeleisen ermöglichen den sicheren Verschluss der Kiste. Zukünftig kann das Schnittholz oder die OSB-Platte durch Metallwände substituiert werden und erfüllt weiterhin die Anforderungen einer robusten, stabilen und effizienten Verpackung für Industriegüter.
Zirkuläres Geschäftsmodell
Die Coroplast Group ist ein Unternehmen mit Sitz in Wuppertal, das technische Klebebänder, Kabel und Leitungen sowie Leitungssätze primär für die Automobilindustrie entwickelt. Bei der Produktion von Klebebändern fallen Reststoffe von robustem, schwarzem PET-Gewebe an, die zum Großteil thermisch verwertet werden. Coroplast versucht dieser Verwertung bereits entgegenzuwirken, indem sie Rucksäcke und Laptoptaschen aus den Überresten herstellt. Dafür werden ca. zwei Meter PET-Gewebe pro Rucksack bzw. Laptoptasche wiederverwendet. Durch das Projekt kann allerdings nur ein geringer Anteil der Reststoffe genutzt werden, daher gilt es weitere zirkuläre Ansätze zu entwickeln und zu erproben.
Diese Problemstellung wurde von den Studierenden mithilfe von Kreativmethoden entlang des Design Thinking Prozesses im Rahmen des Seminars “Circular Business Innovation” behandelt. Die entstandene Idee fokussiert gemäß dem Prinzip der industriellen Symbiose, Kooperationen mit anderen Unternehmen, um langfristig größere Mengen wiederverwenden zu können und somit den Impact zu erhöhen. Kurzfristig kann die Coroplast Group das übriggebliebene PET-Gewebe auf einer Reststoff-Handelsplattform, wie ClickWaste, Cyrkl oder MikaCycle anbieten, um Abnehmer für größere Mengen zu finden. Jedoch sind hier die Mengen und Lieferintervalle sehr unregelmäßig, weshalb die Kalkulation für die Coroplast Group nicht berechenbar wäre. Die Studierenden haben sich deshalb ebenfalls innerhalb des Seminars eine langfristige, vorhersehbare Lösung überlegt, die die Kooperation mit Unternehmen, wie Freitag, die Produkte aus alten LKW-Planen herstellen, AIRPAQ, die Rucksäcke aus verbrauchten Airbags und Sitzgurten entwickeln oder Knipex, die Werkzeugtaschen fertigen, beinhaltet. Beide Lösungen reduzieren den Einsatz von Primärmaterial beim Abnehmer und garantieren die Wiederverwendung der Reststoffe.
Nachhaltige Mensa
Das Hochschul-Sozialwerk ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, die als Dienstleister der Studierenden und der Hochschulen zu verstehen ist, mit dem Anspruch, gemeinnützig und umweltbewusst zu arbeiten. Insgesamt versorgen sie mehr als 22.700 beitragszahlende Studierende der Bergischen Universität an fünf Tagen in der Woche an drei Standorten mit täglich wechselnden Gerichten. Aktuell arbeitet das HSW daran, bis 2030 klimaneutral zu werden, weshalb in den Mensen und Cafeterien nach Potenzialen für die stärkere Implementierung von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft gesucht wird.
Zu Anfang des Seminars “Circular Business Innovation” lag der Fokus der Gruppe darauf, die Essensausgabe der Mensa kreislauffähiger zu gestalten und anfallende Lebensmittelreste zu minimieren bzw. zu vermeiden. Hierzu schauten sich die Studierenden den gesamten Kreislauf der Mensa an. Durch die ausgiebige Recherche fanden die Studierenden heraus, dass die Mensa bereits sehr kreislauforientiert arbeitet. Die Anlieferung der Lebensmittel erfolgt in Mehrwegbehältern und auch die Essensausgabe ist durch die bestehende Partnerschaft mit Vytal in Mehrwegbehältern möglich, sodass die Nutzenden ihr Essen auch mitnehmen können. Bezeichnend sind die geringen Rücklaufzahlen während des Mensabetriebs, mit diesen sie unter dem bundesweiten Durchschnitt liegen. Daraufhin fixierte sich die Studierendengruppe auf die hauptsächlichen Nutzer*innen der Mensa – die Studierenden – und entwickelte auf Grundlage einer Studierendenbefragung ein bedarfsgerechtes Konzept, für eine allgemein nachhaltigere Mensa mit dem Fokus auf nachhaltiger Ernährung, einer effizienten und sozialeren Nutzung der Räumlichkeiten und einem neuen Feedbacksystem, um die Bedürfnisse und Wünsche der Zielgruppe besser in den Transformationsprozess des HSW einzubeziehen.
Abfallmanagement im Wohnheim
Neben der Campusgastronomie betreibt die HSW auch mehrere Wohnheime für Studierende an verschiedenen Standorten in Wuppertal. In diesem Bereich besteht eine besondere Herausforderung in Bezug auf das Abfallmanagement: In den zwei größten Wohnheimen fehlt es an getrennten Mülleimern in den einzelnen Wohneinheiten für die verschiedenen Abfallarten, wodurch der anfallende Müll nicht getrennt, sondern lediglich gesammelt in Containern entsorgt wird. Problematisch daran sind die hohen Kosten und der mangelnde Beitrag zu einer möglichen Recyclingwirtschaft.
Die Studierendengruppe hat im Rahmen des Seminars „Circular Business Innovation” einige Ideen generiert und die Präferenzen und Bedürfnisse der Bewohner*innen im Rahmen einer Umfrage erfragt. Aus der Auswertung resultierten letztendlich zwei Lösungskonzepte.
Der erste Konzept ist ein „ShareHub: Teilen, Tauschen, Nachhaltig leben“. Hier sollen in den Ein- und Auszugsperioden der Wohnheime zwei Wochen lang zwei Räume eingerichtet werden, einer für Sperrmüll und der andere für noch brauchbare Möbel und Gegenstände. Ziel soll es sein, den Einrichtungsgegenständen der Bewohner*innen ein zweites Leben zu ermöglichen und Müllaufkommen zu reduzieren.
Das zweite Konzept betrifft die Mülltrennung und folgt dem Slogan „TrashSmart: Mülltrennung made easy“. Ein hochkant gebautes Regal soll den Platzmangel in den Wohnheimen ausgleichen und die Mülltrennung von Papier, Plastik und Restmüll hinter aufklappbaren Fächern ermöglichen. An dem Regal soll ein ansprechender Info-Flyer abgebildet sein, um die Bewohner*innen zu ermutigen, die Mülltrennung richtig umzusetzen und sie über die verschiedenen Müllarten zu informieren. Beide Ideen sollen in Kooperation mit dem HSW zeitnah zur Probe umgesetzt werden. So wird an unterschiedlichen Stellen angesetzt, um das Abfallmanagement in den Wohnheimen langfristig zu verbessern und gleichzeitig einen Mehrwert für die Bewohner*innen zu generieren.
Gemeinwohlorientierte Generationenwerkstatt
Knipex ist ein Familienunternehmen mit Sitz in Wuppertal und führender Zangen-Spezialist. Darüber hinaus engagiert sich Knipex in vielfältiger Weise für Themen der Nachhaltigkeit, zuletzt entstand die Idee zur Eröffnung einer “Generationenwerkstatt”. Auslöser ist die Benachteiligung von Jugendlichen aus finanzschwachen Familien, aufgrund der wirtschaftlichen Instabilität Wuppertals. Dies führt zu negativen Bildungserfahrungen und mangelnder beruflicher Perspektive. Jugendliche benötigen besondere Unterstützung, um ihre Fähigkeiten zu entdecken, Fertigkeiten zu erlernen und beruflich voranzukommen. Knipex möchte an dieser Stelle die Jugendlichen nach dem Schulabschluss bzw. -abbruch unterstützen und ihnen eine Perspektive im Rahmen einer Generationenwerkstatt ermöglichen, in der sich Generationen, die jeweils in ihren eigenen Umbruchphasen stecken, begegnen und gemeinsam gestaltend etwas Neues erschaffen können.
Mit der Idee der Generationenwerkstatt haben sich die Studierenden im Rahmen des Seminars “Circular Business Innovation” beschäftigt und durch Expertin*innenbefragungen und ausgiebige Recherchen umfassende Erkenntnisse gesammelt. Daraus wurden Maßnahmen entwickelt, die die Motivation, das Engagement und die Partizipation von Jugendlichen ermöglichen sollen. Im Fokus stehen dabei die Unterstützung, die Übernahme von Verantwortung und die Ermöglichung von Selbstwirksamkeit, die Begegnung auf Augenhöhe, keine Leistungsorientierung, bedarfsgerechte Öffnungszeiten sowie die Möglichkeit zur Mitgestaltung und der Erhalt von Freiräumen. Hierzu sollen weitere Initiativen der Stadt Wuppertal (Jugendtreff Arrenberg, Utopiawerkstatt) über das Seminar hinaus eingebunden, weitere Möglichkeiten der Einbindung und Motivation von Jugendlichen recherchiert sowie deren Bedürfnisse ermittelt werden, um eine Gestaltungsempfehlung zu entwickeln und den Workshop inhaltlich auszugestalten. Das Ziel ist es, dass Jugendliche Verantwortung übernehmen und dadurch Selbstvertrauen schöpfen, sich ausprobieren und neue Fähigkeiten entdecken und dabei herausfinden, welchen Lebensweg sie einschlagen möchten. Gleichzeitig trägt eine Generationenwerkstatt, in der Tätigkeiten rund um Reparatur und Upcycling erlernt werden können, zur Stärkung sozialer Praktiken für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft bei.
“Ohne Wenn & Aber” ist der erste Unverpacktladen Wuppertals mit Standort in Barmen. Die Motivation für die Eröffnung war, den Wuppertaler*innen eine nachhaltige Einkaufsmöglichkeit zu bieten, sodass der Lebensstil jedes Einzelnen nachhaltiger, bewusster und regionaler gestaltet werden kann. Allerdings steht der Unverpacktladen vor einigen finanziellen Herausforderungen, da nicht genügend Kundschaft erreicht wird. Dies liegt an der dezentralen Lage, ungenutzte Transportwegen, personellen Engpässen und einem noch nicht vorhandenen Lieferkonzept für den Onlineshop.
Daher setzte die Studierendengruppe in dem Seminar “Circular Business Innovation” ihren Fokus auf die Erarbeitung eines zirkuläres Lieferkonzepts und hat dazu zwei Komponenten entwickelt: Die erste Komponente beinhaltet die Einrichtung von Abholstationen. Holzkisten mit wetterfester Beschichtung in der Größe einer Bierkiste plus Spielraum für die Entnahme können als Abholstation fungieren. Das Dach der Kiste hat ein leichtes Gefälle, um Staunässe zu vermeiden. Die Isolierung gewährleistet die ausreichende Kühlung der Produkte und ein batteriebetriebenes Schloss ermöglicht die stromunabhängige Nutzung. Die Kisten können entweder freistehend installiert oder in Kooperation mit Läden, Cafés oder Organisationen aufgestellt werden.
Die zweite Komponente konzentriert sich auf die Zustellung, welche per Lastenrad-Kurier erfolgen soll. Kurzfristig kann der Unverpacktladen eine Kooperation mit bestehenden Lastenrad-Kurieren in Wuppertal eingehen. Langfristig könnte es sinnvoll sein eigenes Personal einzustellen. Das final im Seminar erarbeitete Lieferkonzept fokussiert verschiedene Abholmöglichkeiten, wodurch sich das Liefergebiet auf die am meisten nachgefragten Orte Wuppertals konzentriert. Die Bestellungen werden in Mehrwegbehälter gefüllt, welche die Kund*innen in anderen Geschäften wieder zurückgeben können.
Ziel ist es, ein stabiles und funktionierendes Lieferkonzept zu etablieren, den Kund*innenkreis zu erweitern und die wirtschaftliche Stabilität langfristig zu erreichen. Zusätzlich wird insgesamt Verpackungsmüll reduziert, da mehr Wuppertaler*innen im Unverpacktladen einkaufen.